Worum geht's im Aikido?
Kurz und Knackig
Für einen visuellen Eindruck, worum's überhaupt geht, gibt's einen kleinen Video-Clip (1,4Mbyte).
Der Hauptakteur ist Jacques Muguruza, 7.dan Yoshinkan-Aikido. Bundestrainer von Frankreich und Spanien.
Die Sequenz wurde auf dem Lehrgang mit Kimeda Sensei 2002 in
Würzburg aufgenommen.
Was bedeuted "Aikido"?
Die Bezeichnung für die von Morihei Ueshiba (1883-1969) begründete Kampfkunst setzt sich aus drei Silben zusammen:
- ( Ai ) -- Harmonie, Anpassung, Freundschaft
- ( Ki ) -- Geist, Bewusstsein, Kraft
- ( Do ) -- Weg, Philosophie
Übersetzungsmöglichkeiten
"Aiki" bezeichnet eine Art und Weise etwas zu tun. Einige interessante Übersetzungen sind:
- sich der Kraft [des Gegenübers] anpassen
- Einswerden mit der Kraft [des Gegners]
- Aufheben von Gegensätzen
"Aikido" kann man also übersetzen (und der westlichen Denkart anpassen) als "der Weg zur Anpassung an die Kraft des Gegners".
Ueshiba hatte wohl "Der Weg zur Harmonie mit der Kraft des Universums" im Sinn; es ist bekannt, dass er selbst über sich des öfteren meinte "Ich bin das Universum". Einer seiner berühmteren Aussprüche ist daher (frei aus dem Englischen):
Wenn ein Gegner versucht mit mir zu kämpfen, dem Universum selbst, muss er die Harmonie des Universums zuerstören. Daher ist er schon in dem Augenblick, in dem er an einen Kampf denkt, besiegt.
Wie man sieht ist die Verhältnismässigkeit der Mittel ein wichtiger Bestandteil des Aikido. Der Gegner soll nicht vernichtet, sondern es soll ihm die Sinnlosigkeit aggressiven Verhaltens vor Augen geführt werden.
Wie in vielen Budo-Disziplinen gilt auch im Aikido, dass der eigentliche Gegner nicht derjenige ist, der einem gegenüber steht, sondern man selbst. Schliesslich ist es ein aufgeblähtes Ego, dass einem anderen Leid zufügen möchte.
Eine sprachwissenschaftlich interessante Bedeutungsklärung der Schriftzeichen Aikido habe ich auf einer Seite von www.aiki.de gefunden.
Drei weitere in den Kampfkünsten verwendete Begriffe sind:
- Ju ("sanft")
- Go ("hart")
- Kiai (selbe Bestandteile wie Aiki, nur vertauscht: "fokusieren von Kraft")
Wie ist "Aikido" entstanden?
Morihei Ueshiba wurde 1883 in eine wohlhabende Bauernfamilie geboren (Quelle: 'Aikido und der neue Krieger', Artikel von John Stevens, Seite 12). Mit 17 fing er an sich in den Kampfkünsten zu üben und erlangt in vielen Meisterschaft. Seine Bemühungen erstreckten sich über praktisch alle Kampfkunstsysteme, also Schwert, Speer, leere Hand, etc.. 1915 begegnete er Sokaku Takeda, einem Meister des Daito-ryu Aiki-jujutsu ('daito ryu' bedeutet 'große östliche Schule'). Vier Jahre lang erlernt er diese Kampfkunst bei Meister Takeda. Auf dem Rückweg nach Hause trifft Ueshiba 1919 den Führer der Shinto-Sekte Oomoto, Onisaburo Deguchi. Er wird Anhänger dieser Sekte. Ueshiba - und damit auch sein Aikido - ist stark von den Lehren dieser Sekte beeinflusst.
1921 nennt Ueshiba seine Kampfkunst "Aiki-Bujitsu". Er erlernt immer noch andere Kampfkünste.
1924 ereignet sich der berühmt-berüchtigte Mongolei-Zwischenfall:
Exkurs
Ueshiba weicht Kugeln aus und rettet seinen Gefährten und sich selbst das Leben, das von Banditen bedroht wird, indem er einen Kübel Salzwasser austrinkt.1925 wird Ueschiba nach einem Schwertduell die Erleuchtung zuteil. Ausserdem nennt er seine Kampfkunst jetzt "Aiki-budo".
Mehr hierzu in einem Artikel über Budo auf aikidoonline.com.Budo ist zusammengesetzt aus Bu - Kampf und Do - Weg/Lebensführung.
Man kann Bu - in einem übertragenen Sinn - auch mit "den Speer stoppen" übersetzen.
1945, die Atombomben verändern (nicht nur) Ueschibas Leben. Die Amerikaner als Besatzungsmacht verbieten
alle japanischen Kampfkünste (bzw. die, die ein "bu" im Namen tragen). Ueshiba nennt seine Kampfkunst jetzt
"Aikido".
Die verheerende Wirkung der Atombombe auf den japanischen Geist bringt Ueshiba zu der Einsicht, dass der Weg des
Universums die Liebe und der Frieden ist. Seine Kampfkunst nimmt zunehmend weiche Züge an.
1969, am 26. April stirbt Morihei Ueshiba, 86 jährig an Leberkrebs. Kurze Zeit darauf stirbt auch seine Frau.
Dieser Abschnitt kann als Kondensation der Zeittafel auf www.aiki.de gelten.Schon diese kurze Übersicht über das Leben Ueshibas macht klar, dass er ein in den verschiedenen Kampfkünsten seiner Zeit ausgebildeter Mann war, dass er einige davon zur Meisterschaft gebracht hat und dass er ein tief religiöser Mensch war, der an das Gute im Menschen geglaubt hat und daran, dass man jedem Menschen die Möglichkeit lassen soll, dieses Gute herauszuarbeiten, ihn in Harmonie mit dem Weg des Universums zu bringen.
So ist die von ihm gegründete Kampfkunst eine Zusammenstellung verschiedener Techniken aus den unterschiedlichsten Kampfkünsten mit dem Ziel der Gewalt des Gegner nicht mit eigener Gewalt entgegenzutreten, sondern dem Gegner durch Umlenkung seines Gewaltpotentials zu der Einsicht zu bringen, dass Gewalt sinnlos ist und Friede der einzige Weg. Daher hat Ueshiba offensichtlich lethale Techniken aus seiner Kampfkunst verbannt. Es gibt dennoch viele Techniken im Aikido, die den Gegner schwer verletzen oder gar töten können. Im Aikido ist die Angemessenheit der Verteidigung ein wichtiger Punkt. Wenn also ein Gegner mit der Absicht zu töten auf einen Aikidoka einstürmt, dann wird dieser nicht umhin kommen, dem Gegner ebenfalls schweren Schaden zuzufügen. Dazu möchte ich weiter unten noch mehr schreiben.
Auf aikido-wuerzburg.de habe ich zwei weitere Texte über Ueshiba und Aikido veröffentlicht: Den Maustext und den Gelehrtentext.
Wie kam es zu Yoshinkan?
Das Yoshinkan-Dojo ('Yoshinkan' bedeutet 'Haus, in dem der Geist kultiviert wird') wurde 1955 von Gozo Shioda gegründet. Shioda wurde 1915 geboren. Bevor er 1932 (also 17-jährig) als Schüler bei Ueshiba aufgenommen wurde, war er bereits Judo-dan. Im Dojo von Ueshiba - damals hiess Aikido noch Aiki-Budo - blieb er bis 1941, also gut acht Jahre. Als er sein Studium an der Universität abgeschlossen hatte, verliess er auch das Dojo. Der Krieg machte es praktisch unmöglich weiterhin Aikido auszuüben. 1946 kam er für kurze Zeit zurück auf Ueshibas Farm und Dojo (in Iwama), um dort seine Fähigkeiten aufzufrischen. Seine erste öffentliche Vorführung (bei einer Show der "Nippon Sogo Budo Yaitai") zeigte Shioda 1954. Das 15000 Zuschauer starke Publikum war von seiner Demonstration begeistert.
Shioda wurde die Aufgabe zuteil, großen Ansammlungen von Menschen Aikido beizubringen. Zum Beispiel hielt er einige Kurse für die Polizei und unterrichtete Angestellte. Aus dieser Zeit stammt die Systematisierung der Aikido-Techniken und die Strukturierung des Unterrichts. Im Yoshinkan-Aikido wird grossen Wert auf die sogenannten Grundtechniken gelegt. Ihr Studium nimmt einen grossen Teil der Übung ein. Ich denke, Yoshinkan wurde hautpsächlich für den Zweck gegründet, Aikido einem grossen Publikum beizubringen. Deshalb trennte sich Yoshinkan auch niemals explizit vom Verband (Aikikai) der Gründerfamilie. Auch heute noch bestehen zwischen den beiden Verbänden freundschaftliche Beziehungen.
Wie oben bereits erwähnt verliess Shioda bereits 1941, also noch vor dem Ende des zweiten Weltkriegs, das Dojo Ueshibas. Daher gilt der Yoshinkan-Stil als Vorkriegs-Aikido. Und wie ebenfalls oben schon erwähnt wurde, war das Aikido Ueshibas vor dem Krieg noch etwas härter als das nach dem Krieg. Yoshinkan gilt daher als ein harter Aikido-Stil, der sehr um die Effektivität seiner Techniken bemüht ist. Z.B. wird die "Tokyo Riot Police", eine Sondereinheit der japanischen Polizei, im Yoshinkan-Aikido unterrichtet.
1961 erhielt Shioda den 9.dan von Ueshiba verliehen. 1984 den 10.dan durch die "International Martial Arts Federation". Shioda war davon überzeugt, dass durch die stille Sprache des Aikido alle Unterschiede zwischen Menschen und Kulturen verschwinden, dass Friede und harmonisches Miteinander Wirklichkeit werden und nicht ein bloser Traum bleiben.
Gozo Shioda starb 1994.
Zusammenfassung u.a. von http://www2.cyberzone.net/dan.liese/aiki/students/shioda.htm (Seite funktioniert nicht mehr).In Yoshinkan Aikido, the emphasis is on the study of fundamental movements and solid basic techniques as well as gaining philosophical insights into the conduct of life and human relationships. Yoshinkan Aikido as a martial art is non-competitive and non-violent. Cooperation and harmony are more important than aggression. Timing and control are more important than strength. With the development of solid basics, Yoshinkan Aikido provides means of self-defence without undue aggression.
Was ist 'zanshin' und 'metsuke'?
Zanshin
das ist die allumfassende Achtsamkeit. Eine Aufmerksamkeit, die nicht auf einen bestimmten Punkt gerichtet ist, sondern die gesamte Situation erfasst. Im Aikido meint man damit auch das dem Gegner Nachfolgen, nachdem der physische Teil einer Technik beendet wurde.
Metsuke
bedeutet wörtlich 'Augen anheften'. Es ist das Verfolgen des Gegenübers, bei allem, was er tut.
Die beiden Begriffe verschwimmen also ineinander...
Was bedeuten 'dan' und 'kyu'?
Im Gegensatz zur landläufigen Meinung bedeutet dan nicht Meister sondern Stufe (cf. Eintrag in Jeffrey's Japanese/English-Dictionary).
kyu bedeutet wohl sowas wie Schüler. Allerdings finde ich hierfür bei Jeffrey's keinen Beleg. Deshi (wie in "uchi-deshi") bedeutet wörtlich jedoch Schüler ("uchi-deshi" also "Haus-Schüler", also ein Schüler, der im Haus des Meisters lebt).
sensei bedeutet Lehrer, Meister (cf. Eintrag bei Jeffrey's). Das 'O' in Osensei markiert eine höfliche Ehrfurcht.