Was ist Zazen?
Zazen ist die Übung des Zen und nimmt im Zen-Buddhismus eine herausragende Rolle ein, da Zen auf das Selbsterfahren der buddhistischen Lehre ("dharma") besonderen Wert legt. Daher verzichtet man im Zen auch weitestgehend auf schriftliche Überlieferungen und hebt dadurch die eigene Übung hervor. Zen heisst selbst in den Apfel beissen ;-)
Wie macht man Zazen?
Man setzt sich auf den Boden bzw. auf ein Kissen (Zafu), das am Boden liegt. Wenn das aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich ist, kann man sich auch auf einen Stuhl setzen oder im Bett liegen. Dabei ist zu beachten, dass man bei einem Stuhl nicht die Lehne benutzt, sondern sich im vorderen Drittel des Stuhls niederlässt. Als Unterlage kann man auch hier ein Kissen verwenden. Am Boden setzt man sich entweder in der Lotosposition (die Füsse ruhen auf dem jeweils gegenüber liegenden Oberschenkel; akrobatisch!), der Halblotosposition (ein Fuss ruht auf dem gegenüberliegenden Oberschenkel, während der andere Fuss unter dem anderen Oberschenkel den Boden berührt), oder offen hin (dabei ist ein Knöchel vor dem anderen).
Nachdem man sich auf das Kissen gesetzt hat, atmet man ein paar Mal durch den Mund tief ein und aus, wobei man den Atem kurz anhält. Dies beruhigt den Geist und erzwingt einen 'Bruch' zwischen normalem Atmen und dem Atmen während der Meditation bzw. verdeutlicht die Besonderheit dessen. Danach legt man seine Hände auf die Oberschenkel und beginnt mit dem Oberkörper im Kreis zu schaukeln. Dadurch erhält man einen festen Sitz auf dem Kissen. Man beginnt mit weiten Kreisen und lässt sie langsam kleiner werden. Nachdem man sein Kissen auf diese Weise eingedrückt hat, schliesst man die Augen zu Zweidrittel und richtet den Blick im 45° Winkel zum Boden. Die Wirbelsäule ist dabei gerade, der Hintern nach hinten und der Bauch nach vorne gestreckt. Man setzt sich praktisch so hin, als wolle man mit dem Kopf den Himmel stützen. Die Hände legt man auf folgende Weise in den Schoss: die linke Hand liegt auf der rechten mit beiden Handflächen nach oben, so dass die mittleren Glieder der Mittelfinger übereinander liegen. Die Daumenspitzen berühren sich über der linken Handfläche leicht. Deine Hände beschreiben nun ein Oval und Du stellst Dir vor, dass Du etwas ganz wichtiges in den Händen trägst. Diese Handhaltung heisst 'kosmisches Mudra' (Mudras (wörtl. Siegel, Zeichen) sind Körperhaltungen oder symbolische Gesten.). Die Hände legt man so in den Schoss, dass die Daumen auf der Höhe des Nabels sind. Bei der Lotosposition berührt der rechte Handrücken beide Fersen. Die Arme sind gebeugt und ein wenig vom Körper weg.
Nun kann es auf verschiedene Art weiter gehen. Ich beschreibe jetzt nur die Art, bei der man das Ein- und das Ausatmen zählt und gehe später kurz auf andere Formen ein. Man schliesst also die Augen bis auf einen kleinen Spalt und beginnt dann beim Einatmen, jetzt durch die Nase, mit dem Zählen: '1'. Während der ganzen Meditation soll man versuchen, völlig mit der Zahl eins zuwerden, die man gerade innerlich sagt. Man konzentriert sich auf die Zahl '1'. Dabei versucht man nicht den Atem zu kontrollieren, d.h. nicht willentlich zu verschnellern bzw. zu verlangsamen oder zu vertiefen bzw. zu hecheln. Wenn Gedanken vorbeischauen, dann lässt man sie weitergehen und lädt sie nicht zum Dableiben ein, indem man an ihnen Anhaftet, d.h. darüber nachdenkt, was sie bedeuten, woher sie kommen, wie wichtig sie sind, wie wertvoll, ob gut oder schlecht. Man versucht aber auch nicht, sie gewaltsam hinauszuschmeissen, sondern man lässt sie "einfach" vorbeiziehen. Ist man durch Gedanken abgelenkt worden, oder weiss man einfach nicht, wo man gerade beim Zählen war, dann fängt man einfach wieder bei '1' an. Ist ja auch ganz egal, es gibt keinen Rekord, den man brechen kann, da man nach '10' sowieso wieder bei '1' anfängt (man kann für den Anfang aber auch nur bis z.B. '6' zählen, jenachdem wie gut man sich konzentrieren kann.). Nach dem Einatmen mit '1' kommt das Ausatmen (auch durch die Nase) mit '2' und so weiter. Jedesmal versucht man mit der Zahl eins zu werden...
Es gibt andere Meditationsformen, für Fortgeschrittene, die nur das Ausatmen zählen, nur das Einatmen oder bei denen man überhaupt nicht zählt sondern sich nur auf den Atem, wie er in einem strömt, beobachtet. Und schliesslich gibt es shikantaza, wo man "einfach" nur da sitzt, ohne irgendwas zu zählen, und an rein gar nichts denkt. Das ist dann praktisch für die 'Profis' (des Soto-Zen). Eine andere wichtige Meditationsart ist die Koan-Meditation. Dabei konzentriert man sich nicht auf den Atem bzw. das Zählen des Atems, sondern auf ein vom Meister gestelltes oder selbst ausgesuchtes Koan, also einen vordergründig widersinnigen Spruch, oder eine Geste. Bei dieser Art der Meditation sollte man aber tatsächlich einen Meister haben, mit dem man über das Koan und seine selbstgefundene (!) Lösung reden kann. Man konzentriert sich also auf ein Koan (z.B. "Wer ist es, der wahrnimmt?") und versucht eine Lösung zu diesem zu finden. Man denkt aber nicht darüber nach, weil rationales Denken hier nicht weiterhelfen würde, sondern versucht es mit seinem tiefsten Innern zu verstehen. Nach der Lösung eines Koans gibt der Meister ein neues. Man ist also noch lange nicht erleuchtet. Vielmehr braucht es viele verschiedene Koans, bis man erkennt, wer man ist.
Nach diesem Exkurs wieder zurück zu unserem Zählen: Nach ca. 15-20 Minuten (die Dauer der Meditation kann man am Anfang auch kürzer bemessen. Nach einiger Zeit nimmt man sich dann automatisch für die Meditation mehr Zeit. Ohne Unterbrechung sollte man aber nicht mehr als 45min. sitzen!) hört man mit dem Zählen auf, legt seine Hände auf die Oberschenkel und beginnt wieder zu kreisen (praktisch als Abrundung). Danach macht man wieder ein paar tiefe Atemzüge durch den Mund und erhebt sich dann langsam. Falls ein Bein eingeschlafen ist, bewegt man es mit den Händen langsam in die richtige Position um Aufstehen zu können.
Man sollte die Meditation fest in den Tagesablauf einplanen und regelmässig sitzen. Dazu muss man herausfinden, wann die beste Zeit für einen ist, um ungestört meditieren zu können. Z.B. kurz nach dem Aufstehen, noch vor dem Frühstücken oder bevor man in's Bett geht.